In Frieden leben

Damit ist heute ausnahmsweise nicht nur der Wunsch nach einer heilen Welt da draußen gemeint. Dabei hätte diese Welt mehr als einen innigen Wunsch nach Frieden verdient und benötigt jeden Gedanken an eine bessere und menschlichere Zukunft.

In den letzten Wochen ist mir auf der spirituellen Ebene mehrfach der Gedanken begegnet, dass das Chaos in der Welt unser inneres Chaos widerspiegelt. Das all das Leid, der Hass und die Zerstörung unserer Lebensgrundlage tatsächlich unsere Stimmung, unsere Gefühlslage spiegelt, wundert mich wenig, ich bin nur nicht ganz sicher, wer das Ei und wer die Henne symbolisiert.

Was können wir tun, wenn wir den Frieden verloren haben? Haben wir ihn eigentlich vorher genug vermisst, um ihn jetzt zu betrauern? Wo sind wir hingegangen, womit haben wir uns beschäftigt, dass uns nicht früher der Gedanke gekommen ist, dass sich etwas ganz ganz wesentliches aus unserem Leben verabschiedet hat.

Jetzt tobt ein Sturm in mir, der alles durcheinanderwirbelt, alles aus den Regalen wirft, was nicht festgeklebt ist. Diese Regale haben alle Namen, in ihnen befinden sich Ideen, Hoffnungen, Träume und Erinnerungen. Ihr müsst nicht glauben, dass zuvor Ordnung in den Regalreihen geherrscht hätte. Es soll ja Menschen geben, die zum Beispiel ihre Bücher nach den Farben der Einbände sortieren, oder sogar nach Namen ihrer Autoren. Ich gehöre ganz sicher nicht dazu. Dennoch habe ich immer alles so ziemlich direkt gefunden, wonach ich gesucht habe, weil ich wusste, wo ich es hingelegt hatte, als ich mich das Mal davor mit meinen Sorgen oder meinen Zielen auseinandergesetzt habe. Der Staub auf manchen Regelböden hat mich selten gestört. Wohlwollend bin ich mit dem Finger über die Staubschicht gefahren, habe mir entfernte Fragen noch einmal gestellt, alte Fotos angeschaut. Wenn ich richtig motiviert gewesen bin, habe ich sogar ausgemistet. Für mich ist es leicht, mich von Altlasten zu trennen. Genauso leicht wie neue Schmuckstücke in meine Sammlung aufzunehmen und diese gut sichtbar auszustellen.

Jetzt stehe ich in Mitten des Chaos‘, das der Sturm angerichtet hat. Altes und Neues liegt verstreut und teilweise kaputt auf dem Boden zerstreut herum. Ich kann mich nicht setzen, ich kann diesen Kreis meines Lebens nicht verlassen, der sich unweigerlich vor mir ausgebreitet hat. Was mache ich jetzt mit diesem Dilemma. Fange ich an aufzuräumen? Schiebe ich die Dinge zur Seite und bahne mir einen Weg aus diesem verwüsteten Zimmer? Einfach mal durchatmen? Soll ich mich fragen, wie diese Naturgewalt Einzug in mein Wohnzimmer halten konnte? Warum gerade mich dieses Chaos trifft?

Ich habe immer gewusst, dass Ordnung halten und Staubwischen nur Momentaufnahmen sein können. Es fühlt sich gut an, den Schätzen und Lastern einen Platz zuzuweisen, dann stellt sich das Gefühl der Kontrolle ein und für einen kurze Weile fühlt sich das Leben friedlich an. Ich habe allerdings schon länger das Gefühl, dass dieser Friede sich zwar täuschend echt anfühlt, aber nichts mehr ist als eine Illusion.

Wer hätte gedacht, dass das Leben so heftig ausholen und zuschlagen kann. Wie sich Ohnmacht anfühlt, weiß ich jetzt.

Was tun, wenn die bekannten Strategien nicht mehr ausreichen, um Sinn zu generieren. Wenn wir anfangen müssen, die wirklich großen Fragen zu stellen. Wenn Angst real wird, wenn Hilflosigkeit immanent wird.

Was kann ich tun, wenn es nicht mehr in Australien brennt, aber dafür in meinem Herzen und in meinem Verstand. Wenn ich feststelle, dass ich das Leben, das ich führe, das wir alle führen, nicht mehr will. Wenn ich das Gefühl habe, dass sich etwas ändern muss und zwar schnell. Die Ordnung hat den Vorhang der Täuschung abgelegt und sich in Verwirrung und Unsicherheit verwandelt. Die vermeintliche Ruhe ist vorbei, auch wenn der Sturm sich gelegt haben mag.

Was jetzt? Frage ich mich. Was tun? Frage ich mich. Weitermachen wie bisher ist in jedem Fall keine Option.

Wer braucht Regale? Wer braucht Ordnung nach Farben? Wer braucht Kategorien? Neu denken, von vorne denken, anders handeln, sich nicht mehr verstecken – ein Anfang?

Ich will nicht in einer Welt leben, in der Menschen Angst davor haben müssen, diskriminiert und bedroht zu werden, weil sie sind, wie sie sind und wer sie sind.

Es ist so verabscheuungswürdig, was hier in unserer Mitte geschieht. Wieso lassen wir das zu? Wieso stehen nicht alle gleichzeitig auf und machen sich auf den Weg, um für eine Zukunft einzustehen, die einer Demokratie gerecht wird. Wieso verharren wir im Unglauben an das, was direkt vor unsere Augen geschieht. Wir dürfen dem Hass keine Angriffsfläche bieten. Wir müssen zusammen stehen und gütig sein. Zwischen uns darf kein Blatt Papier mehr passen. So geschlossen müssen wir durch das Chaos schreiten und neu beginnen. Wir müssen der Anfang sein.

 

Zur Feier des Tages!

Irgendwie hatte ich es im Gefühl, der Drang hat heute ganz leise angeklopft, wieder einmal einen Blogeintrag zu schreiben und siehe da, WordPress gratuliert mir just an diesem 26.07.2017 zum einjährigen Jubiläum und ich musste gerade über beide Wangen grinsen. Was ich mir vor einem Jahr von dem Schreiben eines Blogs erhofft habe, weiß ich gar nicht mehr genau, aber an das Gefühl von damals, kann ich mich sehr gut erinnern. Ich wollte einiges aus meinem tiefsten Inneren loswerden und hätte ich dies nicht in Form des ersten Blogeintrages getan, hätte ich mich wahrscheinlich aus dem Fenster gelehnt oder auf den Balkon gestellt und alles, was mich bedrückt und tief verunsichert hat, lauthals herausgeschrien. So jedenfalls hat sich die Last angefühlt, die sich auf mein Herz, meinen Geist und meine Seele gelegt hatte und der Berg aus Ängsten, Hoffnungen, Unsicherheiten und der Perspektivlosigkeit schien mir schier erdrückend, sodass mir buchstäblich die Luft zum Atmen gefehlt hat.

Sicher habe ich mir damals vorgestellt und vorgenommen, dass ich regelmäßiger bloggen würde und gehofft, dass ich mir Zeit nehme und die Muße finde, alle meine wirren Gedanken in Worte zu fassen. Das Ergebnis sieht in Zahlen nicht wahnsinnig beeindruckend aus. Dafür habe ich allerdings heute die Gewissheit, dass ich mit diesem Blog einen Weg gefunden habe, die Dinge, die mich stetig beschäftigen und in mir rumoren, auf einen Weg zu schicken, weit in die Welt hinaus und gleichzeitig durch die Gestaltung der Gedanken in meinen eigenen Worten, diese leichter werden zu lassen und klarere Struktur zu sehen, die  für mich in meinen Kopf greifbarer werden und ich kann besser mit ihnen arbeiten, nehme mich und mein Leben deutlich wahr, sprich, ich bin achtsamer mir selbst gegenüber geworden und das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen.

Zuweilen fällt es mir noch schwer, erlernte und geliebte Verhaltensweisen und Muster loszulassen, mich von den ungeliebten Marotten zu trennen und so intensiv und beständig an mit zu arbeiten, dass sich eine dauerhafte Veränderung einstellt. Der Weg, der vor mir liegt, ist nach wie vor lang, aber ich sehe diesen Weg heute nicht mehr nur als Aufgabe, die ich bewältigen muss, sondern vor allem als Chance, die mir geben wird, um mich jeden Tag neu zu fragen, was heute wichtig ist und welche Prioritäten ich setzen möchte.

Ich liebe die Metapher vom Weg des Lebens, der über Stolpersteine und durch tiefe Täler führt, auf dem wir von Freunden begleitet, gezogen und geschupst werden oder aber überrannt werden von sportlicheren oder einfach rücksichtlosen Läufern, die unseren Weg und unser Leben streifen. Gelernt habe ich, dass es aber nicht nur auf die Beschaffenheit des Weges ankommt, sondern auch darauf, wie gut wir vorbereitet sind, unserer Wege zu gehen. Wir können uns ausrüsten, vor schlechtem Wetter schützen und die Karte studieren. Wir können Streckenabschnitte mit dem Bus bewältigen, Pause machen oder aber uns ins Flugzeug setzen und am anderen Ende der Welt einen neuen Weg beginnen. Wie wir das machen? Wir lernen Menschen kennen, die uns inspirieren, indem sie uns ihre Geschichte erzählen und uns neue Wege aufzeichnen, wir sammeln Erfahrungen und setzen diese um, indem wir Entscheidungen bedachter fällen, die Perspektive wechseln, mehr Sicherheit gewinnen, wenn wir uns fragen, was uns im Leben, im Alltag und für die Zukunft wichtig ist. Wir lernen auch zu erkennen, wer uns helfen kann, Herausforderungen zu bestehen und wer uns eher ausbremst und uns so zum Stillstand überredet oder sogar zwingt. Wir wissen, dass wir mit jeder Etappe, die wir hinter uns bringen, mutiger werden, mehr Selbstvertrauen gewinnen und über uns hinauswachsen. Und, was vielleicht am wichtigsten ist, wir wissen, dass jede Pause, die wir einlegen, uns nicht vom Erfolg trennt, sondern uns dem Ziel ein Stück näherbringt.

Auf welche Weise ich meinen eigenen Weg gehen möchte, variiert jeden Tag. Mal möchte ich (noch) gesünder leben, mehr Sport machen und das Maximum in meine Gesundheit investieren. An anderen Tagen holen mich erlernte und teilweise auch heißgeliebte Verhaltensweisen ein, die mich von meinen Vorsätzen trennen. Dann esse ich Pommes, ein Eis, eine Packung gesalzene Nüsse und abends auf der Couch noch eine Tüte Chips, habe Magenkrämpfe und ein schlechtes Gewissen, aber den Heißhunger befriedigen zu können, erzeugt ja irgendwie auch ein Glückgefühl und dann frage ich mich, ob ich jemals gänzlich gesund leben können werde und hadere mit meiner Unachtsamkeit und meiner mangelnden Disziplin. Auch das Rauchen ist nach wie vor ein ständiger Begleiter, den ich noch nicht bereit bin, ziehen zu lassen usw. usw. usw. …

Wie kostbar Zeit ist, in der ich aktiv werden kann und Wege beschreiten kann, die mir neue Eindrücke schenke, habe ich verstanden und nutze sie deshalb bewusster als zuvor.

Ängste und Unsicherheit sind ebenfalls unliebsame Zeitgenossen, die immer wieder meine Wege kreuzen und denen ich mich nach wie vor ausgeliefert fühle, die ich aber mittlerweile erkenne und deshalb mit ihnen bewusst arbeiten kann und mich ihnen innerlich entgegenstellen kann.

Das letzte und allumfassendste Thema bleibt natürlich die Liebe. Männer kreuzen meinen Weg nach wie vor und nehmen für meinen Geschmack, also nach altem Muster, immer noch einen zu großen Bestandteil meines Denkens ein, bei aller Freiheit, die mir das Singleleben bietet, schaffe ich es trotzdem, mir unnötiger Weise schlechte Gefühle ans Bein zu binden, weil sich der Typ nicht oft genug meldet oder nicht den Mut besitzt, sich über die eigenen Gefühle im Klaren zu werden und offen zu kommunizieren, was er möchte. Noch nicht oft genug bin ich in der Lage mir darüber Gedanken zu machen, was ich möchte, unabhängig von meinem Gegenüber und Verantwortlichkeiten abzustreifen, die keine sind, wenn das Gegenüber sich nicht verantwortlich zeigt.

Es wird leichter mit der Zeit, alleine zu sein und ich erkenne, wie schön die Welt um mich herum ist und welcher Luxus mit dem Umstand verbunden ist, diese schöne Welt nur durch meine Augen zu betrachten.

Das ist der Zwischenstand der spannenden Reise zu mir selbst, ich bin gespannt, wie es weitergeht.

 

Der lange Weg in die Gegenwart

Kennt ihr das auch? Immer wieder nimmt man sich so viele Dinge vor, hat tausend Gedanken im Kopf, viele gute Eingebungen und verspürt einen unbändigen Tatendrang in alle mögliche Richtungen, aber man findet keinen Anfang? Statt sich der Dinge nacheinander anzunehmen, verharrt man in Tatenlosigkeit und ertappt sich auf dem Sofa sitzend ins Nichts starrend und gibt sich seiner zahlreichen Tagträume hin, anstatt aufzustehen und raus in die Welt zu gehen…

Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich einen Blogeintrag geschrieben habe. Ich habe so oft die Lust verspürt, hätte so vieles zu sagen und zu erzählen gehabt, weil sich einige erfreuliche und aufregende Dinge getan haben und ich viel erlebt habe, aber ich habe Mal wieder keinen Anfang gefunden. Gerade habe ich einen flüchtigen Blick auf meinen Kühlschrank geworfen, der mit Postkarten, Einladungen, Eintrittskarten und allerlei Magneten plakatiert ist, und mein Blick ist dabei auf einem Brief haften geblieben. Diesen Brief habe ich ziemlich genau vor einem Jahr an mich selbst geschrieben und ihn dann mit 20 weiteren Briefen in eine Schublade gesteckt…Ihr fragt euch jetzt sicher, welchen Plan ich damit verfolgt habe… Ich kann euch beruhigen, gar keinen. Zumindest keinen Plan für mich. Mein Leistungskurs macht gerade Abitur und ich habe die Schüler vor einem Jahr gebeten einen Brief an ihr zukünftiges Ich zu schreiben, das kurz vor den Abiturklausuren steht. Dies haben die Schüler mit großer Begeisterung gemacht und ich scheinbar damals auch. Als ich diese Briefe vor drei Wochen aus der Schublade gekramt habe, habe ich nicht schlecht gestaunt, als mir mein eigener Brief wieder in die Hände gefallen ist. Ich hatte tatsächlich vergessen, dass ich ebenfalls einen Brief verfasst hatte. Erstaunt war ich vor allem darüber, dass ich scheinbar intuitiv gewusst haben muss, wie es mir heute gehen wird, denn ich habe mir selbst einige sehr passende und weise Worte mit auf den Weg gegeben. Natürlich steckt auch einige Ironie zwischen den Zeilen, aber der grundsätzliche Ton trifft dennoch den gegenwärtigen Gefühlszustand. Ich wusste genau, dass eine Zeit der Veränderung vor mir liegt, als ich mir damals schrieb, dass ich hoffen würde, heute die Konturen meiner Zukunft und der mit ihr verbundenen Träume, Wünsche und Hoffnungen etwas klarer sehen zu können, als zum Zeitpunkt des Verfassens des Briefes. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich las, dass ich eines nicht vergessen solle:

„Ich wünsche mir, glücklich und zufrieden zu sein, Ich selbst zu sein und frei zu sein. Freiheit ist das höchste Gut. Bewahre dir diesen Vorsatz, weiche nicht ab von diesem Weg, der vor dir liegt. Glaube an die Zukunft, vertraue darauf, dass alles gut wird!“

Vergessen werde ich die Bedeutung der Freiheit sicher nie, aber vielleicht ist dieser Gedanke, ist dieser privilegierte Zustand, nicht immer präsent, dringt nicht immer bis an die Bewusstseinsschwelle. In Zeiten wie diesen ist es kaum möglich, den Wert der Freiheit zu wenig zu betonen. Ich habe sogar das Gefühl, dass wir uns dessen trotz Wohlstandsgesellschaftsdenken langsam aber sicher alle immer bewusster werden, denn die Freiheit ist bedroht und das spüren wir. Ich war sehr stolz am letzten Wochenende, als ich beobachte konnten, mit wieviel Hingabe und friedliebenden Enthusiasmus die Kölner für die Bewahrung von Vielfalt, Offenheit und Toleranz auf die Straße gezogen sind, um zu singen und zu tanzen und das Leben zu feiern, das wir in einer Demokratie leben dürfen.

Freiheit bedeutet aber auch gedanklich frei zu sein. Dies ist es auch, was ich vor einem Jahr gemeint habe, als ich mir den obenstehenden Rat gegeben habe. Auch dieser Zustand birgt wichtige Güter. Nämlich die Eigenständigkeit und die Unabhängigkeit. Unabhängig zu werden ist vielleicht gar nicht das Schwerste. Ich habe im vergangen Jahr festgestellt, dass es zumindest für mich schwieriger gewesen ist, unabhängig zu sein. Ich hätte nicht gedacht, dass es einer so langen Zeit voller kritischer Gedanken bedarf, bis ich mich auch innerlich mit diesem Zustand wohl fühle und wieder im reinen mit mir  bin. Ich habe lange Zeit meiner letzten Beziehungen hinterhergetrauert, der ich aus freiem Willen und aus tiefster Überzeugung ein Ende gesetzt hatte. Doch prompt war ich frei und unabhängig, hat mein inneres Kind angefangen zu rebellieren, mich zu beschimpfen, mein Selbstwertgefühl mit Kritik und Zweifeln zu überhäufen und mich in ein verdammt unwägbares Tal zu schupsen, aus dessen Sumpf sich heraus zu kämpfen, so verdammt harte Arbeit war. Dankbar dafür bin ich heute auch nur bedingt, was aber nicht bedeutet, dass ich nicht einige Lektionen habe lernen können, die mich auf die Zukunft mit mir selbst vorbereitet haben. Dass ich jetzt endlich in dieser Zukunft angekommen bin, ist zumindest für mich ein erhebendes Gefühl. Ich wusste schon immer, dass ich ein Beziehungsmensch bin und ich sehr gut in Beziehungen funktioniere, weil ich mich gut auf andere Menschen einstellen kann. Es hat bis hier her gedauert zu lernen, auch alleine wieder ich selbst zu sein, nur eben eine andere Facette von mir selbst, die ich erst (wieder-)entdecken musste. Die spannende Reise zum eigenen Ich ist wahrscheinlich nie ganz abgeschlossen. An sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln gehört zu dem universalen Bedürfnis des Menschen zu Lernen dazu, keine Frage. Obwohl man sich selbst so nahesteht, nimmt es doch einige Reflexionsrunden und hermeneutische Zirkel in Anspruch, bis man überhaupt auch nur in die Nähe des existentiellen Denkens über die eigene Person – Wünsche, Träume, Hoffnungen, innere Glaubenssätze und Überzeugungen – gelangt. Ich kann diese Reise nur empfehlen, wenngleich ich nicht gedacht hätte, wieviel Überwindung es kostet, sich selbst kennenzulernen. Ich denke, dass ich heute eine neue Beziehung oder das Kennenlernen eines potentiellen neuen Partners doch anders erleben werde, als das noch vor einem Jahr der Fall gewesen ist. Die Perspektive hat sich deutlich erweitert und das Mehr an Verständnis für mich selbst hat mich gelehrt, dass die Unabhängigkeit einer anderen Person genauso schützenswert und wichtig ist, wie die meinige. Positiv für mich waren vor allem die Reisen, die ich im letzten Jahr erleben dürfte. Eigenständigkeit bedeutet unter anderem auch, Entscheidungen zu treffen, für die man die alleinige Verantwortung übernimmt. Ich habe in der Vergangenheit immer behauptet, ich könne keine Entscheidungen treffen. Heute weiß ich, das war glatt gelogen. Ich wollte keine Entscheidungen treffen. Auf meiner „Lebens-to-do-Liste“ aus dem ersten Blogeintrag steht, dass ich keine Angst mehr haben möchte. Diese Formulierung ist sehr allgemein gehalten, aber ich kann mit Stolz sagen, dass es gelungen ist, einige Ängste, die vielleicht auch mehr Unsicherheiten gewesen sind, abzuschütteln. Sich selbst zu zeigen, was man kann, ist wesentlich schwerer, als anderen Menschen zu zeigen, was sie leisten können. Heute kann ich mich auch in meine Schüler besser hineinversetzen, wenn sie an sich selbst zweifeln und kein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten besitzen. Ich war der Auffassung, wie die meisten Erwachsenen, dass einfach nur ein guter Zuspruch nötig ist und ein wenig Motivation und dann läuft schon alles. Jetzt weiß ich, dass man gegen falsche innere Überzeugung nur mit viel Arbeit und Durchhaltevermögen und Zuversicht angehen kann und dass es eben Zeit braucht, bis man die eigene Wahrnehmung dauerhaft verändern kann.

Wieder in der Rolle des Schülers zu sein ist nicht immer leicht und angenehm, aber eröffnet die Möglichkeit, die Veränderbarkeit der Welt und die eigene Weiterentwicklung wirklich zu spüren und darauf zu vertrauen, dass neue Ziele erreicht und die eigenen Wünsche und Träume verwirklicht werden können.

Danke altes Alter Ego für deine Zuversicht!